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Osvaldo Pugliese

Osvaldo Pugliese (1905 – 1995)

 

Einer der ganz großen Künstler des Tangos der goldenen Ära der vierziger Jahre war ohne Zweifel der Pianist und Bandleader Osvaldo Pugliese. Wenn man fragt, wessen Tangos am leidenschaftlichsten sind, dann wird man sogar Pugliese und sein Orchester zuerst nennen müssen. Das ist das Markenzeichen von Osvaldo Puglieses Musik: Unglaublich intensiv gespielte Stücke, klar in der Tradition von Julio de Caros Orchester, aber hochgehoben in eine Klangwelt, die nicht nüchtern und intellektuell ist, wie bei de Caro, sondern unmittelbar berührend, vereinnahmend, sich den Hörern – und Tänzern – aufzwingend und sie fast gewaltsam in ihren Bann ziehend. Pugliese definierte seinen Stil mit dem Tango „La Yumba“ von 1946, einem Instrumentalstück. Hier hört man die Betonung des ersten und des dritten Beats nach der Art Di Sarlis, aber delikater und kontrapunktiert (Horacio Ferrer, The Golden Age of Tango).  Der Titel ist Programm, man kann die Takte und ihre Betonung so zählen: YUM – ba, YUM – ba. Das wird sehr schön von Daniel Binelli in einem kurzen Videoclip erklärt und mit dem Bandoneon demonstriert. Binelli war vierzehn Jahre in Puglieses Orchester Bandoneonist und Arrangeur. Nach seinem Auftritt ist Puglieses Orchester mit La Yumba zu hören – und zu sehen, in einem Ausschnitt aus dem Film „Mis cinco hijos“ von 1948. Die Eleganz des getanzten Tango Salon der damaligen Zeit wird in den kurzen Tanzszenen erahnbar. In den Tangos Negracha (1948) und Malandaca (1949) hat Pugliese dann seine Musik weiterentwickelt. Er schuf damit einen neuen Stil der Tangomusik, schön, leidenschaftlich und kraftvoll, der Maßstab für spätere Kompositionen war (Michael Lavocah). Puglieses Schaffen umfasst einen weitgespannten Zeitraum der Tangogeschichte. Seine ersten Kompositionen datieren auf die zwanziger Jahre. Das ist die Entstehungszeit von „Recuerdo“ (1924), einem der berühmtesten Tangos überhaupt, der den Wechsel von der klassischen Zeit zur Tangomoderne markiert (Ricardo García Blaya, todotango.com). Recuerdo wurde zuerst 1926 von dem Sextett von Julio de Caro aufgenommen. Vergleicht man diese Aufnahme mit der von Pugliese im Teatro Colon 1985 gespielten Fassung, spürt man die enorme Ausstrahlung, die das Stück durch seine Interpretation bekommen hat. Bekannt und geschätzt sind Puglieses instrumentale Aufnahmen aus den Fünfzigern, z. B. „Emancipación“ von 1955 und andere, anspruchsvolle, trotzdem gut tanzbare Tangos. Daneben gibt es wunderbare Gesangsstücke von Pugliese, z. B. „Una vez“ (1946) mit dem Sänger Alberto Moran. Später hat er sich mit Moran um die Wiederbelebung des Tangoliedes bemüht. Da ist die goldene Ära des Tangos schon vorüber, der Sänger tritt solistisch auf und ist nicht mehr Stimme im Orchester, sondern wird von diesem begleitet, ist selbst ein Star. Dieser Rolle wird Moran bei Pugliese durchaus gerecht, wie in „Barro“ von 1952. Aber damit wird auch das Ende einer Epoche der Tangomusik hörbar. Osvaldo Pugliese starb 1995, er hat also das Tango-Revival der Gegenwart noch miterlebt. Er war zeitlebens seinen  Überzeugungen treu, politisch wie künstlerisch, und sein Werk lebt weiter und inspiriert den Tango bis heute.

La Yumba in einem seltenen Filmausschnitt:  https://youtu.be/jPeQDULj0Kk

Recuerdo von de Caro gespielt: https://youtu.be/OePc49uRq04

Und von Puglieses Orchester 1985: https://youtu.be/AAZRZzfck_g

Emancipación:  https://youtu.be/GrKIFoG3JXY

Una vez: https://youtu.be/UbRBajBWG1c

Barro: https://youtu.be/6zObLFmTeig